Nun liegt er also vor, der Entwurf für die Verordnung der Finanzanlagenvermittlung, für die bereits die Kurzform "FinVermV" gefunden wurde. Mit der FinVermV soll - abgesehen von der Honorarberatung - die letzte regulatorische Lücke zwischen Versicherungsvermittlung und Anlageberatung geschlossen werden. Dass die Beratungs-, Informations- und Dokumentationspflichten weitgehend den Vorschriften für BaFin-lizensierte Institute angepasst werden sollen, ist dabei grundsätzlich zu begrüßen. Für den Anleger gibt es damit keine für ihn meist undurchschaubare Differenzierung mehr zwischen den Pflichten bei einer Anlageberatung und einer Finanzanlagevermittlung (wer soll das auch schon verstehen?). Für die Vermittler ist die Nachricht deshalb eine gute, weil damit eines der Hauptargumente für eine Haftungsdach-Verpflichtung entfällt. Man darf also - vorbehaltlich politisch motivierter Willkür-Aktionen - darauf hoffen, dass auf Basis der in Kürze vorliegenden gesetzlichen Regelungen dauerhaft gearbeitet werden kann.
Die schlechte Nachricht, die aber vor allem die als schlechte Nachricht sehen, die betroffen sind: Auch im derzeitigen Entwurfsstadium ist keine "Alte-Hasen-Regelung" vorgesehen. Eigentlich sollte die Hoffnung, dass es doch noch zu einer entsprechenden Übergangsregelung kommt, bereits aufgegeben werden, wäre da nicht das Argument der Gleichbehandlung von Versicherungsvermittlern und Finanzanlageberatern. Ohnehin ist schwer nachvollziehbar, warum der Versicherungsvermittler (mit "Alte-Hasen-Regelung") Investmentfonds im Rahmen einer Fondspolice vermitteln darf, während er für die gleiche Fondsvermittlung ohne Versicherungsmantel künftig einen Sachkundenachweis erbringen muss. Aber die Liste der Ungereimtheiten ist ohnehin groß. So könnte man auch fragen, ob bspw. Bundesschatzbriefe tatsächlich so gefährlich sind, dass der Finanzanlagevermittler keine sie betreffende Beratung - sei es die Empfehlung zum Kauf oder zum Verkauf - durchführen darf.
Über die Details der Neuerungen der FinVermV dürften sich freie Vermittler mehrheitlich bislang wenig Gedanken gemacht haben. Da ist zum Beispiel der § 12, der vorschreibt, dass dem Anleger bereits ab dem ersten Geschäftskontakt eine Reihe von Informationen gegeben werden muss. Während der Verordnungsentwurf nicht näher definiert, was der erste Geschäftskontakt ist, wird aber klipp und klar dargelegt, dass neben vollständigen Kontaktdaten, der Auflistung aller Funktionen in irgendwelchen Unternehmen und der Information über die Erlaubnis nach § 34f GewO auch die Registrierungsnummer dieser Gewerbeerlaubnis mitgeteilt werden muss - für den Anleger sicher eine ganz wichtige Information, bevor weitere Worte gewechselt werden dürfen.
Geregelt ist auch, dass vor Empfehlung einer Finanzanlage ein "Suitability-Test" (Geeignetheitsprüfung) durchzuführen ist. Im Prinzip entspricht dieser "Test" dem, was landläufig unter WpHG-Fragebogen bekannt ist, der allerdings von BaFin-lizensierten Instituten nur bei Empfehlung eines konkreten Wertpapiers ausgefüllt werden muss, während erste Kommentare davon ausgehen, dass unter "Finanzanlage" bereits die Empfehlung für eine bestimmte Assetklasse verstanden werden könnte. Kommt es zu konkreten Empfehlungen, so muss im Vorfeld umfangreich informiert werden. Das üben wir zurzeit bereits mit den seit Mitte des Jahres eingeführten PIB´s, die für ausländische Fonds durch KID´s (oder KIID´s) ersetzt werden, soweit nicht die einjährige Übergangsfrist im Einzelfall die Aushändigung des vereinfachten Verkaufsprospektes zulässt.
In diesem Zusammenhang eine nicht unwichtige Anmerkung: Der vereinfachte Verkaufsprospekt wurde eingeführt, um die Aushändigung des oft umfangreichen kompletten Verkaufsprospektes zu vermeiden. Mit Einführung der PIB´s/KID´s sollte alles noch einfacher werden. Tatsache ist aber, dass nun neben dem PIB bzw. KID wieder der komplette Verkaufsprospekt ausgehändigt werden muss. Von Vereinfachung keine Rede. Nach der FinVermV müssen diese Informationen dem Kunden in Papierform zur Verfügung gestellt werden.. Nur bei ausdrücklicher Einverständniserklärung des Kunden dürfen die Produktinformationen auch auf einem "anderen dauerhaften Datenträger" zur Verfügung gestellt werden.
Um zu verdeutlichen, was dies bedeutet, nehmen wir einfach mal ein beliebiges neu strukturiertes Depot, in dem ein Anlagebetrag von € 100.000 auf ein Dutzend Fonds verteilt wird. 12 Prospekte à durchschnittlich 180 Seiten (ein Prospekt für einen DB Platinum-Fonds bringt es übrigens auf 791 Seiten!), 12 Jahres- bzw. Halbjahresberichte mit durchschnittlich 100 Seiten (ein Halbjahresbericht für einen Fidelity-Fonds bringt es tatsächlich auf 606 Seiten!) plus 12 PIB´s bzw. KID´s à 3 Seiten macht zusammen 3.396 Seiten Papier. Zum Vergleich: Das übliche Paket mit 5 x 500 Blatt Kopierpapier enthält 2.500 Blatt. Unser Tipp: Handwägelchen anschaffen und Drucker nebst Tintenvorräten nur noch en gros einkaufen! Was der Kunde dann übrigens zu lesen hat, entspricht mehr als dem durchschnittlichen Jahresverzehr an Romanliteratur, so dass man getrost davon ausgehen kann, dass eine "rechtzeitige Aushändigung" in der Regel dann erfolgt ist, wenn die entsprechenden Kauforders ca. ein Jahr später erteilt werden.
Zusätzlich muss aber künftig auch alles offengelegt werden, was im Zusammenhang mit der Beratung bzw. Vermittlung zugewendet wird. Da reicht es nicht mehr, wenn in pauschaler Form darauf hingewiesen wird, dass neben einer Abschlussprovision auch eine laufende Vertriebsfolgeprovision vereinnahmt wird. Die FinVermV verlangt eine "umfassende, zutreffende, verständliche und deutliche Offenlegung" aller Zuwendungen in konkreter Höhe oder alternativ die Berechnungsgrundlage und die Art und Weise der Berechnung der Zuwendung. Natürlich gehören zu den offenzulegenden Zuwendungen auch mögliche Zuwendungen aus Incentives, sei es eine Reise, die Einladung zu einem Fußballspiel oder eine zusätzliche Vergütung bei Erreichen bestimmter Ziele. Haarig wird es mit der Vorschrift, dass eine Zuwendung einer ordentlichen Beratung des Kunden nicht entgegenstehen darf. Mancher Anwalt wird diese Regelung möglicherweise künftig missbrauchen, um zu "beweisen", dass eine bestimmte Anlage bei der Beratung bevorzugt wurde, weil es einen zusätzlichen Anreiz gab - selbst wenn dieser dem Anleger dargelegt wurde.
Gleichgestellt werden die nach § 34f GewO zugelassenen Vermittler mit BaFin-lizensierte Instituten auch hinsichtlich der Protokollierungs- und Dokumentationspflicht. Ein ausführliches Beratungsprotokoll ist in deutscher Sprache zu erstellen (was wir angesichts der vielen für normale Kunden unverständlichen anglizistischen Fachbegriffe sehr begrüßen). Erst wenn dem Kunden das Beratungsprotokoll ausgehändigt ist, darf ein Geschäft abgeschlossen werden, es sei denn, der Kunde möchte ausdrücklich vor Abschluss des Beratungsprotokolls eine Order erteilen (was dann übrigens wieder im Beratungsprotokoll vermerkt sein muss). Bei Ordererteilung vor Aushändigung muss der Berater dem Kunden ein einwöchiges Rücktrittsrecht einräumen. Grund genug, eine Ordererteilung vor Aushändigung des Beratungsprotokolls nicht zu empfehlen, denn wenn der Kunde nach einer Woche und 15% Minus von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch macht, hat der Berater ein gravierendes Problem.
Von der Annahme des ersten Auftrags an hat der Berater Aufzeichnungen von allen relevanten Geschäftsvorfällen, die den Kunden betreffen, zu machen. Hierzu gehört auch der Nachweis, dass der Suitability-Test (wir würden es lieber "Risikoprofilierung" nennen) durchgeführt wurde und dass alle wesentlichen Informationen - von Prospekt bis Provision - zur Verfügung gestellt wurden. Noch ist nicht geregelt, wie Gewerbeaufsichtsämter künftig prüfen werden. Die Prüfung der Vollständigkeit der Aufzeichnungen bietet sich auf jeden Fall an, zumal sie viel einfacher ist als der Frage nachzugehen, ob die Beratung an sich gut war (was übrigens in der Vergangenheit auch ohne FinVermV bereits vorgekommen sein soll).
Fazit für Finanzdienstleister: Wer vor 30 Jahren Bankkaufmann gelernt hat, der ist hinreichend qualifiziert. Auch BWL-Studium und diverse weitere Qualifikationen werden anerkannt. Ansonsten sollte man sich schon mal unverbindlich über die Möglichkeiten einer Qualifikation informieren. Was die sonstigen formalen Erfordernisse - vom Suitability-Test über die Produktinformation bis hin zum Beratungsprotokoll - betrifft, so ist der Finanzdienstleister gut beraten, sich um eine programmgestützte Version zu kümmern, die inhaltlich und formal (also bspw. auch hinsichtlich der Sicherheit der Dokumentenverwahrung) auf dem neuesten Stand ist.
Unnötig zu erwähnen, dass eine solche Software beraterindividuell in die AECON-Investmentplattform integriert werden kann. Neben Risikoprofil und Beratungsdokumentation werden hier auch sämtliche relevanten Produktinformationen auf Knopfdruck in einer einzigen pdf-Datei zusammengefasst, die dem Kunden (bspw. auf CD-Rom gebrannt) ausgehändigt werden kann (sinnvoll für alle, die auf Handwägelchen und Druckereinkauf en gros verzichten möchten).
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